Warum fällt es uns so schwer, mal NEIN zu einem Pitch zu sagen? Vieles spricht ja auf den ersten Blick dafür, öfter mal NEIN zu sagen.
„Attacke!“ Ja, aber du kannst nicht immer überall Vollgas geben. Du musst sorgfältig wählen wo du dich reinwirfst, sonst ist deine Fire Power zu schnell erschöpft. Dazu gehört, dass du auch mal aussteigst und NEIN, DANKE sagst.
„Wir haben jetzt 22 Pitches für diesen Kunden verloren, das muss doch mal wieder klappern, ich bleibe da dran“. Selten so eine klare Manifestation der Sunk Cost Fallacy gesehen: Nein, das muß nicht wieder werden! Das wird sogar relativ sicher nix mehr. Don’t throw bad money after good. Vergiss den Kunden und überlasse ihn den Mitbewerbern. Vielleicht warst du die letzten 22 Male nur noch dabei, weil sie ja auch immer einen brauchten, der am teuersten war?
„Es gibt noch kein Budget“. Dann kann aber auch keiner erwarten, dass du 5.000 Euro in die Hand nimmst für eine Pitchteilnahme, nur um später zu erfahren, daß das Budget nur die Hälfte beträgt von dem was es sein sollte. Wer einen Pitch ausruft, der hat zumindest selber eine Budget-Idee, über die er mit dem Kunden gesprochen hat, bevor der Pitch losgeht. Alles andere ist schlicht unseriös, vorsichtiger gesagt: nicht branchenüblich.
Hilf gerne mit Grobkosten bei der Preisfindung (die jede gut aufgestellte Agentur eigentlich auch alleine hinbekommt), aber geh nicht all in. Du wirst nur unter anderem deinen Regisseur verbrennen und dein Geld verschwenden, sag lieber NEIN.
Sagt sich alles so leicht, ist aber in der Praxis immer schwierig bis unmöglich. Warum nochmal? Hier kommen die ersten 10 von 1.000 guten bis mittelguten Gründe, warum es viel einfacher ist, JA zu sagen:
1 Du willst dir deine Connection nicht verbrennen. Wir haben unsere Schatzies auf Agenturseite ja so versaut mit dem ewigen Dienstgeleistere, daß sie mit Zurückweisung oft schlechter umgehen können als mein Jüngster: Tantrum, stundenlang unkooperatives Verhalten, Sachen kaputtmachen, oder im Agenturfall eben wochenlang keine neue Anfrage schicken. Also sagst du JA.
2 Niemand mag schwierige Business Partner, alle lieben flauschige, geschmeidige, hilfsbereite Producerbunnies, also sagst du JA.
3 Bidding ist wie Börse: aktive Investoren halten sich für schlauer als der Gesamtmarkt. Sie setzen auf Einzelwerte, weil sie glauben dass sie damit besser performen als der Gesamtmarkt. Passive Investoren setzen auf den MSCI World, der den gesamten Markt abbildet und erwirtschaften so 6-8% Rendite pro Jahr. Wahre Magie sieht anders aus, aber dafür ist die Entscheidungsfindung viel einfacher: setz einfach auf alles, dann kannst du mit einem gewissen vorhersehbaren return rechnen. Alles andere ist Zocken (sagen die passiven Investoren). Du kannst also aktiv & picky sein („Tut mir leid, aber die drei Regisseure, die dafür in Frage kämen, sind in dem Zeitraum leider alle schon gebucht“ vulgo: „Ferrero? Over my dead body.“); du kannst aber auch einen eher passiven Ansatz verfolgen und sagen: wir bidden auf alles, die Chance dass was klappt ist immer 1:5, aber es ist viel zu aufreibend und energiefresserisch, cherry picking zu betreiben, also sagst du JA.
4 Ohne Pitch-Teilnahme keine Chance: wenn du nein sagst bist du schon raus; wenn du mitmachst, hast du eine Chance, wie klitzeklein sie auch sein mag. Egal welche Chance: auf einen tollen Film. Auf einen satten Gewinn. Auf einen neuen Kunden. So viele Chancen!! Wer sagt da NEIN? Also sagst du JA.
5 Das Pitchen ist in deinem Setup eh eine well oiled machine, um mal Ex-Präsident T. zu zitieren, es ist nahezu einfacher mitzumachen als NICHT mitzumachen. Also sagst du JA.
6 Deine Agentur erpreßt Dich: Wenn du bei diesem Gruselpitch nicht mitmachst, dann darfst du auch bei der nächsten 2-Mio-Euro-Autokampagne nicht mitbidden.
7 Oder sie beutet rücksichtslos deine Ressourcen aus: Der Agenturproducer ist zu faul oder zu unterbesetzt um selber Grobkosten zu machen, darum kumpelt er dich an und fragt ob du vielleicht zum hundertsten Mal mit Zahlen aushelfen kannst in der Hoffnung, daß daraus ein echter Pitch wird und du dann einen Gefallen eincashen kannst. Vielleicht. Also sagst du JA.
8 Deine Boss ist nervös, weil die Umsätze nicht so geil sind wie letztes Jahr, und weil die letzten zehn Pitches abgeraucht sind. Ja, The Pitch is a Bitch, und es braucht wie die Börse einen langen Atem, um die durchschnittlich erwartbaren Resultate zu erzeugen. Also sagst du JA.
9 Du bist neu hier. Du mußt dich da reinbeißen, du mußt jede noch so kleine Gelegenheit nutzen, um mit den Big Guns mitzuhalten, damit du eines Tages nicht von den Brosamen leben mußt, die von den Tischen der Großen runterfallen. Also sagst du JA.
10 Du bist einer von den Big Guns. Du kannst es dir nicht leisten, den jungen Wilden auch nur den kleinsten Vorteil einzuräumen – wehret den Anfängen, wenn die einmal am Rennen sind, dann stoßen sie dich aus der Pole Position, also sagst du JA.
You see? Gar nicht so einfach. So, jetzt gerne ihr: Weitere Gründe NEIN zu sagen bitte in die Kommentarspalte. Oder doch JA?
The Pitch is a Bitch, das wird mein Motto der Woche!