Hope for the best, prepare for the worst

Wird schon schiefgehen. Paßt schon. Et hätt noch immer jot jejange, wie der Karnevalist sagt. Oder?

Nee, da machst du nicht mit. Das ist eine Frage der Statistik, irgendwann geht’s mal schief, und rate mal, wer dafür verantwortlich ist, daß es einen Fallback-Plan gibt, wenn das passiert. Kleiner Tip, du mußt dir so eine Stan & Ollie Komödie vorstellen: Am Set angelt sich der Elefant grade das Handy des Regisseurs, kaut drauf herum und schluckt es runter, und wird als nächstes voraussichtlich explodieren, kollabieren, sich erbrechen, was handyfressende Elefanten halt so tun, und daneben stehen alle in einer langen Schlange hintereinander, ganz vorn der Kunde, der dreht sich entsetzt zu seinem Marketing Manager um, der guckt den Agenturberater an, der dreht sich ratlos zum Agenturproducer um, und weißt du wen der fragend anguckt? Wer steht als allerletztes in der Schlange, und hinter ihm steht keiner mehr, den er fragen könnte? Yep, ge-nau. Das bist du.*

Der Hauptdarsteller bricht sich ein Bein, wo kommt ganz ganz schnell ein Ersatz her? Die Location wird von einem Unwetter den Berg herabgespült, wo dreht ihr stattdessen? Fragen, die du easy beantworten kannst inklusive Kostenimplikationen und wer die covert. Du schließt die Negativversicherung ab, und die Personenausfallschutzversicherung. Und die Sachschadenausfallschutzversicherung auch. Und die Schlechtwetterversicherung wenn sie denn der Kunde bezahlen möchte auch noch.

Du bist „Safety first, fun later“. Achtung Fangfrage: Wenn dein Regisseur einen 911er mieten möchte, um von Berlin nach Hamburg zum Schnitt zu fahren, vermutlich sehr schnell, sagst du dann: „Yes! I’ll get one too, let’s see who’s in Hamburg first!“: Oder bist du diejenige, die sagt „Maybe not this time, ich spendiere Deutsche Bahn Erste Klasse.“ Über Option eins weiß ich nichts, aber ich kann dir sagen wie Option zwei ausgeht: Das findet der dann doof, er rollt mit den Augen, er hält dich für spießig, aber dann ist er auf dem Bahnsteig immerhin massiv beeindruckt von der in seiner Heimat offenbar nicht bekannten Einrichtung der Wagenstandsanzeiger – irre, man sieht schon auf dem Bahnsteig, wo der Waggon hält, in den man einsteigen will. „Youuuu Gerrrrmans!“, der Mann ist wieder versöhnt. Schwacher Trost, aber wie gesagt: Fun later.

Fangfrage Zwo: Wenn der Rapper, mit dem du ein Musikvideo in der Schweiz drehen willst, kurz vor der Grenze sagt, er habe leider grade seinen Paß nicht dabei weil er auf Bewährung sei, den hätten die, Zitat, „Scheiß-Bullen behalten“, Zitatende, ob er nicht einfach im Kofferraum über die Grenze fahren könne – auch dies ein rein hypothetisches Szenario – sagst du dann: „Easy, Mann!“? Nein, das sagst du nicht. Jedenfalls nicht nochmal. Ich rate dringend ab.

Du bist übrigens auch derjenige, der weiß, welche Risiken dein Problem sind und welche nicht. Force Majeure? Kundenproblem. Wetter? Kundenproblem. Kundenpromi sagt ab? Kundenproblem. Neues Briefing, neue Kosten? Du ahnst es vielleicht schon: Kundenproblem. Aber die meisten anderen Sachen: Dein Problem.

Oder, warte mal: am Ende das Problem der Produktion, für die du arbeitest. Du bist nämlich auch dafür zuständig, zwischen Persönlichem und Business trennen zu können, und allen anderen dabei zu helfen, das auch zu schaffen. Wenn’s regnet und der Kunde deshalb einen soliden 5stelligen Betrag mehr zahlen muß, dann haben natürlich alle hektische Flecken im Gesicht, besonders die Agenturberater und die Marketingmenschen, weil keiner gern 50.000 Euro mehr ausgibt, aber, wie mal eine altgediente Londoner Produktionsfachkraft zu mir sagte, als zu Drehbeginn das Poolwasser auf einmal flaschengrün war statt azurblau wie im Agenturscript, und ich im Gesicht denselben Farbton bekam, weil Agentur und Kunde in 10 Minuten am Set aufschlagen würden: „Relax, honey. This is nothing personal. It’s business“.

Das vergessen wir ja alle gern mal bei dem ganzen ständig auf-dufte-machen und Du zueinander sagen: It IS business, zumindest auch (Ein Grund dafür, übrigens, warum ich Agenturmenschen duze, Kunden aber sieze…). Du kannst Agenturproducer und Kundenberaterin freundlich erklären was du anbieten würdest, damit so wenig Mehrkosten entstehen wie möglich. Die Kundenberaterin kann dem Marketingmensch und der wiederum seiner Cheffin erklären, daß man Pech mit dem Wetter hat, daß das ein Risiko war, von dem alle wussten, und dass jetzt Mehraufwand und damit Mehrkosten anstehen. Das ist anstrengend, aber für dich Superproducer weder überraschend noch eine persönliche Krise – niemand ist daran schuld, wenn du deinen Job gescheit gemacht hast, und das kannst du allen auch so verklickern, auch wenn alle noch so überrascht tun, will sagen: „Zahlen, und fröhlich sein.“ (Theo gegen den Rest der Welt, 1979)

*Ich habe das zugegebenermaßen ein wenig überspitzt dargestellt – als mir das das letzte Mal passiert ist, hat mir die Versicherung zumindest das Handy ersetzt. Man könnte also mit Fug & Recht sagen: hinter dem Producer steht seine Versicherung, wenn er denn, siehe Überschrift, seinen Job gescheit gemacht hat. Den Elefanten hätten sie auch bezahlt, aber dem ist nix passiert, der hat einfach nach kurzer Zeit das kochende und schäumende Handy wieder ausgespuckt und tapfer weitergemacht. Profi halt.

Ein Kommentar zu „Hope for the best, prepare for the worst

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