What’s your baseline?

Nichts ist schwieriger als ganz hinter seiner Arbeit zu verschwinden, neutral zu sein beim Kalkulieren. Auch wenn er sich in Excel herstellt / aufbaut, ist ein KVA natürlich nie ein rein rationales, formelbasiertes Produkt, sondern in die Gesamtsumme fließen immer auch die Grundannahmen, aber auch die Gestimmtheiten des Produzierenden ein. 

Du findest, das Business ist als Ganzes überkompliziert, von Sicherheitsdenken gelähmt, das geht doch auch anders, hemdsärmeliger, mal mit „Fünfe gerade sein lassen“ und „Mut Zur Lücke“? Oder bist du eher der Ansicht, dass unsere Crews besser bezahlt werden müßten, wir natürlich sowieso, daß Agenturen und Kunden grundsätzlich die Produktionen übervorteilen und mithilfe der Pitchkonkurrenz zwingen, immer unangemessen billig anzubieten etc. pp. Dann wirst du jeweils deutlich anders kalkulieren, auch wenn du haargenau dieselbe Software dafür benutzt.

Stellt Euch vor, es gäbe endlich eine AI, die uns überflüssig macht: Ihr schubst oben ein Agenturscript oder ein Regie-Treatment rein, und unten kommt eine Zahl raus, Feierabend. Klingt lächerlich? Wartet’s mal ab…. Ich will aber grade gar nicht in die Diskussion einsteigen, wann denn unser Job von einer Kalkulations – AI erledigt werden wird und ob das gut oder schlecht ist. Ich finde nur die Perspektive hilfreich als Hypothese: daß es so etwas wie einen objektiv ermittelbaren Preis, eine BASELINE gibt.

Ich will auch die beiden oben skizzierten Grundgestimmtheiten nicht diskutieren oder gegeneinander abwägen. Ich will nur den Punkt machen, daß sie beide im Kalkulationsprozeß ihren Platz finden können, aber erst nachdem wir uns jede Mühe gegeben haben, eine objektive Baseline zu etablieren.

Der Prozeß der Preisfindung ist also – nach der Fact Finding Mission, die die Basics zusammenträgt  – idealerweise ein zweistufiger: 

  1. Was ist unsere Baseline? Was würde das objektiv kosten?
  2. Von welchen Zielen, Grundannahmen, Biases, Extrawünschen, Politics etc. lassen wir diese Baseline modifizieren?

Die objektive Baseline mag eine Fiktion sein, die für immer unerreichbar bleiben muß, aber sie ist eine hilfreiche Fiktion. Ohne sie verlieren wir viel zu schnell den Überblick darüber, was wir eigentlich kalkuliert haben: Die harten Fakten, oder – bis zu welchem Grad, mit welchem Anteil? – unsere eigenen Biases, Wünsche etc.

So, und wenn wir das geklärt haben, dann sind wir bereit für Stufe 3: Die Verhandlungen mit Agentur, Kunde, Cost Controller, Einkauf und all den anderen, die da nochmal einen ganz eigenen Blick drauf haben als wir…

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