Einen Location Scout hatte ich mal mit dem shooting board zum scouten geschickt, und der hat aus reinem Spaß an der Freud schonmal den gesamten Film vorgedreht auf den Locations, die er vorgeschlagen hat. Er war dann ganz geknickt, als wir stattdessen in der Studiostraße in Babelsberg drehen mußten, weil für ihn der Film eigentlich schon fertig war. Kennt ihr bestimmt auch, solche Leute: Filmemacher durch und durch, die eigentlich nur aus Zufall in ihrem Department gelandet sind, die es aber in sich tragen, ganze Filme in ihrem Kopf und manchmal auch in echt schwuppdiwupp einfach fertigzumachen.
An diesen Scout mußte ich denken, als mir neulich dieser Film von JON FINGER begegnet ist.
Wer sich das anschaut und nicht denkt: „Wow! Will ich auch!“, der ist auf jeden Fall nicht aus derselben Abteilung wie mein Scout damals. Mir macht das wahnsinnig Spaß, diese (natürlich gefakte…) Unmittelbarkeit, diese Idee, man könne mit Hilfe von AI Tools einen Film erschaffen so, wie man früher seinen Freunden auf dem Schulhof eine Geschichte vorgeturnt hat. Was ergäbe das, konsequent weitergedacht, für einen Spitzenworkflow! Erst recht dann, wenn man unseren realen Workflow dagegenhält, der ja wirklich gern mal das Gegenteil davon ist: Überkompliziert, langsam, und seeehr seeehr arbeitsteilig.
Wie arbeitsteilig wollen wir denn sein, muß man sich doch regelmäßig fragen. Na klar ist der Input von den Profis aus den einzelnen Departments super. In den Kommentaren unter Jon’s Film stapeln sich deshalb auch die erwartbaren Reaktionen im Sinne von „Nichts wird je einen guten Storyboarder/ Art Director / DOP ersetzen, etc., gnagnagna“. Aber mal ehrlich, kennt ihr nicht auch dieses Gefühl der Ermüdung, das einen anpackt, wenn man denkt: „Woo-ha, 4 Tage 14 Stunden drehen, 70 People am Set, 2 Monate Post, und das alles für 60 Sekunden Film?“
Bei den Regisseur*innen kennt ihr sicher auch die beiden Enden des Arbeitsteiligkeits-Spektrums: Die eine, die immer vor dem Monitor sitzt und sagt: „Schon ganz geil, aber können wir noch eine drehen“? Wo man sich unwillkürlich fragt ob sich heimlich die Agentur-Kreative in den Regiestuhl geschmuggelt hat? Und am anderen Ende der Skala der Roberto Rodriguez Style Regisseur, der unabgesprochen mit einer eigenen Mühle am Set auftaucht und schnell selbst mal noch ein paar alternative Takes dreht, kann man ja immer gebrauchen, ihr werdet mir dankbar sein im Schnitt! Der einen im Prep schon so sehr mit Detailgesprächen zuballert, daß man ihm am liebsten alle Jobs auf der Produktion anbieten möchte inklusive dem der Produktionsleitung?
Anyways, ich möchte gar nicht auf „Wir werden alle unseren Job verlieren“ Szenarien rumreiten. Auch das pixelschubserische Qualitätsgejammer anläßlich von Jon’s Film – „Ja, aber das wird dir kein Kunde jemals so abnehmen, weil a,b,c“ kann ich mir selber ausdenken, merci bien.
Ich finde es beim Zuschauen in erster Linie inspirierend & herzerfrischend, welche Möglichkeiten sich hier aufzeigen für einen alternativen, schnelleren, spontaneren Workflow – direkt aus dem Kopf von jemandem, der sich einen Film ausdenkt, schwuppdiwupp zum fertigen Film.
Oder?