Film ist time based art, was für unsere Werbefilme ja auch bedeutet: sie sind schnell, kurz, und schnell wieder weg. Könnt ihr Euch noch an den Superbowl TV Spot von letztem Jahr erinnern, wo… nein? Ich auch nicht.
Sehr gut hingegen erinnern kann ich mich an einen Spot über einen Postboten, der einen Riesenalarm veranstaltet, um nur einen einzigen Brief zu delivern: Hundertschaften von Kollegen marschieren mit, Flugzeuge und Helikopter verdunkeln den Himmel, und wenn er dann endlich seinen Brief eingeworfen hat, sagt der englische Darsteller als wär nichts gewesen: „On to the next one“. Im Deutschen dann, gedubbt und wie immer nur halb so stark: „Auf zum Nächsten“! Weil ich ihn produziert habe, nicht weil er so wahnsinnig merkenswert gewesen wäre.
In Wahrheit war das natürlich nichts als eine mühselig kaschierte Metapher auf das Werbefilmschaffen an sich. Man kann sich da wochenlang reinfräsen, man bläst in ein paar Tagen ein paar hunderttausend Euro in die Luft für 60 Sekunden fertigen Film, man kann leiden wie ein Hund, aber auch Spaß haben wie Gott in Frankreich (außer wenn man in Frankreich produziert). Aber das Schöne und das Schreckliche zugleich ist: All das ist doch sehr endlich.
Wer diese Flüchtigkeit, das Serientäterhafte daran nicht mag, der sollte sich was anderes suchen. Noch alle Musikvideodirektoren die ich getroffen habe, waren heimliche Spielfilmregisseure. Das hat ihre Musikvideos nicht unbedingt immer besser gemacht. „Oh shit, der Künstler muß ja auch noch drin vorkommen, na, kriegt er halt eine Nebenrolle in seinem eigenen Musikvideo, das ja eigentlich mein Kurzfilmprojekt ist.“
Mir persönlich kommt das ja sehr entgegen. Das ist ein wenig wie Sylvester: um Mitternacht gehen alle raus, böllern ein bißchen und lassen bunte Raketen steigen, das macht dann kurz Spaß, aber dann reichts auch schnell wieder. Natürlich können wir beim Werbefilm nicht ein Jahr Pause zwischen zwei Projekten machen, aber der Vergleich ist trotzdem nicht so weit hergeholt.
Ich hab mal ein ganzes Jahr lang eine Show geprept, die dann 4 Wochen vor Aufführung abgesagt wurde. 13.000 Darsteller durch einen selbstausgedachten Castingprozeß geschleift, hurgh. Viel schlimmer als die Absage fand ich aber, wie lange die Vorbereitung gedauert hat. Wahnsinnig zäh, das Ganze.
Wie viel Vorbereitungszeit ist denn ein 60sekünder wert? 10 Tage, wenn ich in meinem KVA die Producertage anschauen, die ich da so im Schnitt kalkulieren darf. Reicht meist nicht, real braucht’s ja gern mal das Doppelte, aber irgendwas dazwischen fühlt sich richtig an: zwei-drei Wochen, dann ist der Fisch geschrubbt! Okay, noch etwas Post Pro, aber dann ist auch gut gewesen. Ab auf den Sender damit, und dann: On To The Next One!