Momentan denke ich viel darüber nach, wie denn eine Software beschaffen sein soll, die Producern beim Produzieren helfen kann. Dabei landet man – ich – schnell dabei, wie man selber angefangen hat, Produktions-Software zu benutzen.
Der Geschäftsführer, der mich in seine Produktion geholt hat, hatte mir in einem Satz den Unterschied zwischen einem Bidding Producer und einem Line Producer erklärt: „Du mußt für dich entscheiden wer du sein willst: Willst du lieber morgens als erster die Studiotür auf-, und abends als letzter wieder zumachen, oder willst du lieber ein Kalkulationsformular auf- und wieder zumachen?“ Was nicht bedeuten sollte, dass man in dem Laden nicht auf beiden Positionen minimum 16 Stunden am Tag geschackert hätte, aber der Unterschied hat mir trotzdem sehr eingeleuchtet. Ich habe mir im Laufe der Zeit beide Seiten lange & im Detail angeschaut, ohne mich je wirklich für eine entscheiden zu müssen. Aber zunächst habe ich Musikvideos gebiddet was das Zeug hält, und das einfach so und oft eher trotz als mit Unterstützung diverser Mitstreiter, die das entweder selbst schon seit Jahren machten.
„Du willst Producer sein? Du kennst keinen einzigen Beleuchter in Berlin!“ hat sich mal einer bei mir beschwert. Der war eher von der Fraktion „Studiotür“. „Du willst Producer sein? Du weißt noch nichtmal, daß die Beleuchter laden & rückladen, und daß man deswegen die LKW zwei Tage länger als die Drehtage buchen muss?“ Das war mein sog. Herstellungsleiter, den es zutiefst kränkte, dass er a) als studierter Filmproduzent in einer Musikvideobude arbeiten musste, und das auch noch, b) mit Menschen wie mir, die sich anmaßten, zu kalkulieren, ohne dieselbe heilige Ausbildung genossen zu haben. Und der sich deshalb schlicht weigerte, mich beim Kalkulieren zu coachen.
Was aber egal war: Es brauchte nämlich weder Beleuchtertelefonnummern noch LKW-Wissen, um das Bidden zu lernen. Dazu brauchte es nur 1. eine Produktionsfirma, in der viel gebiddet & produziert wurde, 2. Zugang zu den hunderten von Quotes, die auf dem Server rumlagen, und 3. Zugang natürlich zu den entsprechenden, auf dieser Basis entstandenen Werken. In diesen Quotes war genug Weltwissen gespeichert, als daß man Reverse Engeneeren konnte (ich kenne kein deutsches Wort dafür), wie man das entsprechende Musikvideo hergestellt hatte; und nach dem Vergleich von 20 Quotes und 20 Musikvideos konnte man sich selber an ein leeres Formular setzen und ein Script kalkulieren dergestalt, dass es selbst beim schlechtgelaunten Herstellungsleiter durchrutschte, der sämtliche Quotes gegengelesen mußte, bevor sie an die Kunden rausgingen. Quotes ließen sich damit basteln, die dermaßen plausibel waren, dass man sie beim Kunden verkauft bekam. Und, Feuerprobe schlechthin: die dann auch noch in den Händen einer echten Studiotür auf- und wieder zuschließenden Produktionsleiterin ein echtes Musikvideo ergaben.
Man könnte also sagen, dieses Tool – nicht das leere Formular allein natürlich, sondern das in diversen fertigen Quotes gespeicherte Produktionswissen – hatte quasi über Nacht einen Bidding Producer aus mir gemacht, ganz ohne HFF Studium, und ganz ohne Beleuchterkontakte. Good Job, Tool!
Was ist also nochmal die Frage aller Fragen?
„Wie gut & selbsterklärend bildet ein Tool die Wirklichkeit ab, die es am Ende erzeugen helfen soll, ohne dabei im Weg zu sein; ohne daß man sich durch Layers und Layers an Politics, an Verwaltung, an verkrustetem Detailquatsch durchkämpfen muß?“
Nur dann nämlich bleibt es so zugänglich wie möglich, nur dann ist es in der Lage, neue UserInnen zu empowern, selbst so schnell wie möglich und so gut wie möglich Producer zu werden. Nur dann ist es ein Tool, das Producer produzieren kann.
Ja, vielleicht ist DAS die Frage alles Fragen! Und dann kommen die ganzen anderen.